Bogenschießen, Kampfkunst, HorseAikido und die Zukammenkunft von Pferd und Reiter
„Ein Hero Warrior, ob männlich oder weiblich, besitzt Selbstvertrauen, Mut und Mitgefühl und überwindet seine Angst, um für sich und seine Werte einzustehen.“ Pettra Engeländer
(RP24) Seit über 25 Jahren stehen bei Pettra Engeländer die Kampfkunst, das Reiten und der Tanz im Mittelpunkt ihres Lebens. Die 41 jährige Powerfrau lebt das ganze Jahr über in einer Jurte. Im Winter wird das ganze durch einen mongolischen Holzofen geheizt, der regelmäßig neu mit Holz bestückt werden muss. Nicht nur ihre aktuelle Art zu leben ist ungewöhnlich sondern ihr ganzer Werdegang ist einfach anders und trotzdem baut eins auf dem anderen auf. Sie erlernte unterschiedlichste traditionelle Tänze deren Ursprünge allesamt in der Kampfkunst unterschiedlicher Kulturen liegen, wie z.B. den indischen und japanischen Ausdruckstanz. Eine ihrer weiteren Ausbildungen ist die zur tanztherapeutischen Trainerin nach ITA (Integrale Tanz und Ausdruckstherapie) München. Des Weiteren verfügt sie über eine Ausbildung und Fortbildungen in Feng Shui und die 5 Elemente der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Pettra Engeländer besitzt den 1. Fortgeschrittenen-Grad (Schwarzer Kaftan) im Kassai System sowie den 4th Degree im Tara Miliata Kampfkunst System.
Im Jahr 2000 lebte sie vier Wochen bei einer Nomadenfamilie in der Mongolei. Dort sammelte sie Inspirationen und Eindrücke, die wegweisend waren. Sie erhoffte sich mehr über das Bogenschießen zu Pferd zu erfahren, allerdings lebten die Menschen dort in der „modernen“ Armut und niemand versuchte die traditionelle Lebensweise der Nomaden am Leben zu erhalten. Alte Werte waren in Vergessenheit geraten. Aus diesem Grund verbrachte sie sehr viel Zeit damit die Pferdeherden der Familie, bei der sie lebte, zu beobachten. Sie beobachtete und studierte das Sozialverhalten der Tiere, beobachte Rangkämpfe und das Verhalten im natürlichen Lebensraum. In einem dreijährigen Forschungsprojekt „Eine runde Welt“, in einer mongolischen Jurte in Deutschland lebend, durchleuchtete sie diese archaische Lebensform und deren Auswirkung auf die Beziehung zwischen Mensch und Pferd. In diesem Forschungsprojekt lebte Pettra zwischen ihren Pferden und entwickelte mit Hilfe dieser Erfahrungen eine besondere Form der Pferdeausbildung und Bewegungsanalyse für Reiter und Pferd, das HorseAikido.
2000 lernte Pettra Engeländer den ungarischen Weltmeister im berittenen Bogenschießen, Lajos Kassai, kennen und wurde seine Schülerin. Von 2000 bis 2012 leitete sie die Kassai Reiterbogenschule in Deutschland bevor sie 2012 die Independent European Horseback Archery School (IEHAS) gründete. In den Jahren 2007 bis 2008 begeisterte die Amazone zusätzlich noch das Publikum von Apassionata mit ihrem Reitstil. 2012 entwickelte Pettra Engeländer in Zusammenarbeit mit Andre Brennecke den Reiterbogen „EHMORIN“.
HorseAikido
Aikido ist eine defensive moderne japanische Kampfkunst. Die Techniken dieser Kunst dienen der Abwehr und Sicherung. Das HorseAikido von Pettra Engeländer ist wie eine feine Sprache zwischen Pferd und Mensch zu verstehen. Diese „Sprache“ sind Übungen, welche die eigenen Körperbewegungen zentrieren und die ein tieferes Einwirken in die Verbindung zum Wesen Pferd und der Kunst des Reitens ermöglichen soll.
Aikido beruht auf einem geschulten und disziplinierten Willen als lenkende Kraft und dem Vermögen, Gedanken und Handlungen in Harmonie zu koordinieren. Es basiert auf dem harmonischen Umlenken von Energie durch Einsicht in die Bewegung. Die Energie wird hier nicht mit Gegendruck geschlagen sondern wird bewusst gewandelt. In den asiatischen Kampfkünsten entwickelt man einen bewussten Atem und einen ruhigen Geist. Diese Fähigkeiten werden im HorseAikido mit dem Pferd verbunden. Die Ziele des HorseAikido sind grundlegende Fähigkeiten die viele Reiter heute leider nur rudimentär beherrschen, allerdings in jeder Disziplin des Reitens eine große Rolle spielen. Besonderes Augenmerk wird hier auf einen korrekten Sitz gelegt. Der Reiter sollte in der Lage sein ausbalanciert und unabhängig von seinen Händen zu sitzen. Weitere Ziele sind die Verbessern der Eigenwahrnehmung und der emotionalen Balance von Reiter und Pferd, die Koordination im Reiten wird verbessert oder die Pferdesprache besser erkannt und dadurch kreative Lösungen gefunden.
Independent European Horseback Archery School (IEHAS)
2012 gründete Pettra Engeländer die IEHS, eine Kampfkunstschule mit Hauptausrichtung auf das berittene Bogenschießen, dem Natural Horseback Archery. In dieser Schule wird nicht nur das Wissen über verschiede Kampfkunstarten vermittelt sondern auch das HorseAikido. Diese mobile Schule ist die Einzige, die das Pferd in den Lernprozess des berittenen Bogenschießens miteinbezieht. In Deutschland, der Schweiz und Finnland ist die Schule mittlerweile vertreten und es werden regelmäßig Trainings, Fortbildungen und Turniere in den Trainingszentren angeboten. In Stendorf bei Hünfeld in Hessen ist der Hauptsitz des European Center of Horseback Archery “DRAGON HILL”. Dort finden der intensive Wissensaustausch und die Weiterbildung statt. Pettra Engelländer ist stets offen für Neues und startete 2011 ein Experiment der besonderen Art.
Sie stellte die These auf, dass Meister der Kampfkunst, die ihren Körper und Geist für Meisterschaften trainieren, die Fähigkeit besitzen, auf Anhieb mit Pferden am Boden sowie reitend kommunizieren können. Engeländer sollte Recht behalten. Die Pferde reagierten sofort positiv auf die Präsenz, den Fokus und die klare Körpersprache der Meister. Die Übungen ihres Schulsystems wurden darauf folgend auf den Grundlagen dieses Projektes entwickelt.
Ein Bogenschütze, der von einem galoppierenden Pferd aus schießt, ist ein faszinierender Anblick und eine außergewöhnliche Kampfkunst. Der Trainingspartner Pferd reflektiert die Fähigkeiten des Schützen und reagiert auf jede Körperbewegung sowie auf jede Gefühlsregung.
„Das Pferd bringt einen sehr hohen sozialen Aspekt und das Bewusstsein von Bewegung im Raum mit sich, und verlangt vom Reitenden, diese Eigenschaften in gleicher oder höherer Qualität umsetzen zu können. Die Kontrolle der eigenen Emotionen ist für das Zusammensein mit Pferden von großer Wichtigkeit. Das Pferd zeigt durch sein Verhalten die eigene Entwicklungsstufe unmittelbar auf.
Die Tatsache, dass alle Fähigkeiten eines Kampfkünstlers gebraucht werden, um vom Pferd aus zu treffen, macht das berittene Bogenschießen zur einer wahren Kampfkunst.“ Pettra Engeländer
Bis heute ist das Kriegsschießen und das meditative Bogenschießen ein Bestandteil in den japanischen und koreanischen Kampfkünsten. Seit ein paar Jahren genießt das Bogenschießen als Sportart ein Comeback. Seit 14 Jahren lehrt Pettra Engeländer die Kunst des Bogenschießens und ist selber eine der Besten in diesem Turniersystem. 2011 entschied sie sich für das traditionelle Bild eines Kriegers, weg vom leistungsorientierten Kampfsport.
„Was Natural Horseback Archery als Kampfkunst so besonders macht, ist das Pferd. Im berittenen Bogenschießen haben wir die Zielscheibe als –Gegner- und gleichzeitig die Verbindung zum Pferd. Es ist hier unser Trainingspartner und man trainiert als Team. Die Meisterschaft ist es, in Balance und aus der Zentrierung heraus zu treffen.“ Pettra Engeländer
Heutzutage ist der Umgang mit dem Pferd zu einer Freizeitbeschäftigung geworden und die Zusammenhänge des Reitens mit der Kampfkunst sind über Jahrhunderte in den Hintergrund gerückt. Das Pferd dient heute oftmals als „Sportgerät“ oder einfach nur als Partner für die Erholung.
„Es ist wie in vielen anderen Sportarten. Sobald Leistung, Punkte und Titel ins Spiel kommen, wird das Pferd mehr als Mittel zum Zweck gebraucht, anstatt im Sinne der berittenen Kampfkunst als Einheit gesehen zu werden. In unserer Schule sehen wir das Pferd als einen Ausdruck unseres eigenen Körpers und als Waffe.“
Das Bogenschießen
Um mit einem Pfeil das Ziel von einem galoppierenden Pferd aus zu treffen reichen die normalen Fähigkeiten zu Reiten nicht aus. Beispielsweise haben starke Emotionen einen großen Einfluss auf das Verhalten des Pferdes und das Schlussbild. Der Reiter muss zusätzlich ohne Zügel das Pferd steuern können um dann beide Hände zum schießen frei zu haben. Engeländer erklärt den Moment wie folgt:
„Der Oberkörper spannt den Bogen und der Unterkörper bleibt in Balance, kompensiert die Bewegung und hält eine stetige Verbindung zum Pferd aufrecht. Nur in der Flugphase des Galopps ist es möglich, die Energie von Bogen und Pferd in den Pfeil zu bringen und gezielt zu lenken. Es ist ein meditativer Bewusstseinszustand, von einem Pferd zu schießen und zu treffen, der Geist ist ruhig und verharrt im Moment. Es ist kein Platz für Gedanken, es existiert nur das Handeln im Hier und Jetzt. Und ES trifft.“
Pettra selber schafft es 9 Pfeile unter 20 Sekunden vom Pferd aus, auf einem geraden Sandweg von 100 Metern ohne Zaunbegrenzung abzuschießen. Die Zielscheibe ist 60 Meter entfernt und hat einen Durchmesser von 80 cm. Die Eleganz ihres Tuns ist unglaublich sehenswert.
Das Bogenschießen zu Pferd ist eine so völlig andere Art zu Reiten als der klassische Reiter es kennt und trotzdem findet man interessante Parallelen und Gemeinsamkeiten bei genaueren Hinschauen und Verstehen. Im HorseAikido ist die Bewegung des Menschenkörpers aus seiner Zentrierung heraus die Grundlage. Erst dann ist der Mensch fähig den unabhängigen Sitz zu realisieren. Der Sitz und die Balance sind die Basis der Kampfkunst zu Pferd und die Basis aller Reitweisen. Nur ein korrekter Sitz ermöglicht eine fehlerfreie Hilfengebung und lässt Pferd und Reiter zu einer Einheit werden. Aus diesem Grund haben wir die Arbeit von Pettra Engeländer vorgestellt und möchten so nicht nur den Horizont der klassischen Reiter erweitern, sondern auch mehr Akzeptanz zwischen alternativen Reitstilen und der klassischen Reitkunst schaffen, denn vielleicht kann jeder was vom anderen lernen und die Qualität des Reitsports steigern.